Dienstag, 28.11.2017
Es ist ein besonderer Tag für mich heute: Der dritte Jahrestag meiner Krebsdiagnose. Das erfreuliche: Mein Leben läuft zumeist in ruhigen Bahnen, es gibt keinerlei Aufregungen um Gesundheitsdinge.
Und diese wirklich sehr lustigen Witzbolde, die meinen, es sei eine tolle Idee, in die Kommentarfelder dieses Blogs hineinzuschreiben, dass ich verstorben sei, dass ich tot sei, muss ich enttäuschen: Mitnichten! Ich bin nicht tot – es geht mir gut! Wahrscheinlich geht es mir sogar viel, viel besser, als solchen Leuten.
Und doch: Dieser Tag, an dem sich zum dritten Mal das Datum jährt, an dem mir auf ziemlich absurde und recht unfähige Weise beigebracht wurde, dass bei mir eine Krebserkrankung entdeckt wurde, beschäftigt mich durchaus wieder eine Weile. Wie auch schon in den letzten beiden Jahren geht mir dieser Jahrestag durch den Sinn.
Zwei, drei Wochen vor diesem Datum kommen die Gedanken an die damalige Zeit vermehrt wieder. Meine Güte – die Diagnosezeit und die anschließende Therapie haben mich damals ganz schön durchgeschüttelt, auch und vor allem emotional. Auch die Bestürzung in meinem Umfeld ließ mich nicht kalt, zuweilen hatte ich ja fast Mitleid mit meinem völlig geschockten Umfeld und fühlte mich zuweilen eher in der Rolle des Trösters der Geschockten.
Geblieben ist davon eine deutlich erhöhte Aufmerksamkeit bei Bekannten, Freunden, Kollegen. Manchmal stört mich dieses recht beharrliche Nachfragen nach meiner Gesundheit beinahe ein wenig, manchmal mag ich gar nicht so recht an diese anstrengende Zeit erinnert werden. Aber immer benötigt es nur ein, zwei Gedanken – und es ist mir schnell klar, dass ich für diese Aufmerksamkeit dankbar sein sollte. Und das ist doch einfach nur gut!
Aber zwischen diesen Zeilen hier steht dabei ja auch: In meinem gewöhnlichen Alltag ist das Geschehen um meine Krebserkrankung meistens gar kein Thema mehr. Meistens zumindest. Mein Leben hat sich sehr normalisiert, im vergangenen Jahr sehr deutlich.
Meinte ich damals nach der Diagnose, und bei den pausenlosen Arztbesuchen die Gewissheit zu haben, dass mein Leben wohl nie wieder sein würde wie zuvor, so bin ich mir da heute nicht mehr so sicher… Eigentlich ist in meinem Leben sehr vieles wieder so, wie es auch vor der Erkrankung war.
Jedenfalls bin ich ein Mensch, der es mag, auf gewohnte Gleise einzuschwenken, wenn dies möglich ist. Durchaus ein “Gewohnheitstier”. Habe ich in einem früheren Leben oft gedacht, dass dies eigentlich verwerflich sei, dass man doch möglichst viel Neues ausprobieren und anstreben sollte, so bin ich da mittlerweile gelassener geworden. Nachsichtiger mit mir selber. Es herrscht viel Ruhe in meinem Leben – und ich mag und schätze das. Vielleicht ist es ja auch nur eine Frage des fortschreitenden Alters, aber immerhin nehme ich eine solche Selbstverständlichkeit mittlerweile also als selbstverständlich an.
Zu einer Selbstverständlichkeit werden mit der Zeit auch die Kontrolluntersuchungen. Diese stehen immer noch (und wohl noch weiterhin lange Zeit) regelmäßig an. Alle Vierteljahr geht es zu meinem niedergelassenen Onkologen – Blutkontrolle. Zu meiner Freude lockerte er im Frühjahr die Kontrolldichte an anderer Stelle etwas: Es geht bis auf Weiteres nur noch alle halbe Jahr “in die Röhre” für ein MRT des Kopfes – wo kontrolliert wird, ob in der damals befallenen Kieferhöhle weiterhin nichts Neues wächst. Meine Augenärztin (mein kurz zuvor operiertes rechtes Auge wurde durch die Bestrahlung in Mitleidenschaft gezogen) will mich alle zwei bis drei Monate sehen. Einmal im Jahr geht es in das Universitätsklinikum Eppendorf für die Nachsorge der Strahlentherapie. Hin und wieder zum Kieferchirurgen, der kontrolliert, ob alles gut verheilt. Und das ist es denn derzeit mit den Kontrolluntersuchungen.
Besonders aufregende Ergebnisse hat es dabei zuletzt nicht gegeben. Alle maßgeblichen Messwerte im Rahmen des Normalen – seit mittlerweile fast einem Jahr. Großartig! Kein Grund, sich sonderlich zu sorgen.
Und doch – ich will es nicht verhehlen: Es ist immer ein kribbeliges, unruhiges Gefühl, wenn ich eine Woche nach der Blutentnahme bei meinem Onkologen anrufe, um die Ergebnisse zu erfragen. Schließlich weiß ich genau, dass er mit ein paar Worten mein Leben wieder komplett aus den Angeln heben kann. Dafür ziehe ich mich dann, üblicherweise während der Arbeitszeit, in mein Büro mit geschlossener Tür zurück. Um dann zuletzt immer mit bester Laune wieder zu den Kollegen zu kommen.
Aber, wie schon geschrieben: In dem zurückliegenden Jahr gab es da nichts Beunruhigendes. Die wahren Gefahren für Leib und Leben lauern ziemlich geballt eher an anderer Stelle auf mich. Etwa zehn- bis fünfzehnmal im vergangenen Jahr wäre ich auf meinem Fahrrad im Hamburger Straßenverkehr durch acht- und rücksichtslose und sämtliche Regeln missachtende Autofahrer (bzw. “Gefährder”) zu Tode gekommen, wenn ich nicht extrem aufmerksam gewesen wäre, manchmal auch reichlich Glück hatte (in wesentlich mehr Situationen hätten mich zudem ins Krankenhaus bringen können). Und während drei Tagen auf der Ostseeinsel Fehmarn war mir der Sensenmann gleich mehrfach ganz nah auf den Fersen und verpasste mich nur um Sekunden. Aber: Ich habe Fehmarn überlebt! Mit viel Glück.
Ich fange also an, zu verstehen und mich daran zu gewöhnen, dass mein Leben in dieser Welt – bei Lichte betrachtet – oft genug an einem seidenen Faden hängt. Welch banale Erkenntnis: Leben ist lebensgefährlich. Meine Krebserkrankung ist da doch nur eines von vielen Gefahren – was also sollte mich an meinen Krebswerten noch erschüttern? Und worauf sollte ich warten, um es mir gut gehen zu lassen?
Moin Dirk,
ich freue mich sehr für dich. Bitte weiter so!
Alles Gute für 2018
Viele Grüße
Britta
Hallo Britta,
vielen herzlichen Dank!
Die guten Wünsche für 2018 erwidere ich für Dich und Deine Familie gerne.
Dirk
Hallo Dirk,
ich hoffe, dass ich in ein paar Jahren auch so einen Beitrag schreiben kann und gehe fest davon aus. Die “Gewohnheit” hat auch etwas beruhigendes. Das kommt in deinem Artikel gut zum Ausdruck.
Wobei ich in Berlin kein Fahrrad besteigen werde 😀
Ich wünsche dir weiterhin gute Gesundheit und sei auf der Hut.
Gruß
Patrick
Hallo Patrick,
spät – aber doch einen herzlichen Dank für Deine Zeilen (ich war mal wieder verreist und brauche dann immer etwas, um mich wieder zu sortieren…). Sehr nett!
Ich hoffe, dass es Dir gut geht! Habe gerade ein wenig auf Deine Webseite gestöbert – sehr schön, gut geschrieben. Zum Beispiel Deine Gedanken über die “Krebsspastis” finde ich sehr treffend formuliert. So komisch es klingt: Ich fühle mich Leuten in meiner Umgebung sehr, sehr verbunden, wenn ich höre, dass sie Krebs haben. Diese Krankheit hat auf komische Weise auch schon etwas Verbindendes…
Schön auch, dass Dir die Reha so gut getan hat.
Alles Gute,
Viele Grüße
Dirk
Hallo
Schön geschrieben jeder denkt es trifft immer nur die Anderen
Dann die Frage warum ich ?
Meine Frage wäre hast du irgendwlche Beschwerden gehabt wie Ohrendruck , Kopfschmerzen , Schmerzen generell ?
Hat es sich bemerkbar gemacht?
Über Eine Antwort würde ich mich freuen
LG und alles erdenklich Gute